Letztens wurde ich mit dem Tabu eines anderen konfrontiert. Eines, das ich gut verstehen kann, denn ich habe ein ähnliches.
Ein Tabu beruht auf einem stillschweigend praktizierten gesellschaftlichen Regelwerk bzw. einer kulturell überformten Übereinkunft, die bestimmte Verhaltensweisen auf elementare Weise gebietet oder verbietet. Tabus sind unhinterfragt, strikt, bedingungslos, sie sind universell und ubiquitär, sie sind mithin Bestandteil einer funktionierenden menschlichen Gesellschaft.
(Quelle: Wikipedia)
Tabu hat für mich etwas mit meinem persönlichen Ehrgefühl und Wertegefüge zu tun. Gesellschaftliche Tabus hingegen reizen mich geradezu zum Brechen derselben. Ein „Das tut man nicht“ war schon immer Anlass, darüber nachzudenken, ob das denn tatsächlich so sein muss. Wenn meine Frage nach dem Warum dann mit „was würden sonst die Leute denken“ beantwortet wurde, war die Sache klar. Vermutlich bin ich deshalb einmal zum Fast-Punk mutiert. Lila Haare und ziemlich viel Haarlack, Sie wissen schon, dazu noch poppig-bunte Sicherheitsnadeln in den Ohren, zerrissene Jeans und Doc Martens. Ein Pop-Punk.
Mein Tabu sind anderer Leute Eigentum und Partner, beides stehle ich nicht. Ob das eine mit dem anderen zusammenhängen mag? Vielleicht ist es eine Form von „das gehört sich nicht“, die sich in einem „das gehört dir nicht“ ausprägt. Ich bin noch nicht einmal in der Lage, aus fremden Gärten Äpfel zu klauen (ja, ich habe es probiert, dumme Geschichte, das mit den Nachbarn). Andere haben damit weniger Probleme, wie Freundin I. und ich letztens diskutierten. Ihre Grenze liegt da etwas anders gelagert. Ihren Partner hat sie zwar nicht gestohlen, aber mit etwas Geschick und viel Charme aus einer (nicht mehr funktionierenden) Beziehung gelöst. Und, weil sie verliebt war. Ich könnte das nicht mal, wenn ich verliebt bin wäre. Oder doch? Nein. Ja. Nein. Jein.
Tabu und Gefühle – da widerstreiten zwei Dinge nicht nur in meiner Brust. Liebe Leser, was sind Ihre Tabus? Und unter welchen Umständen wären Sie bereit, diese zu brechen?
Sagen Sie es mir, ich verrate es auch nicht weiter.
Handle stets so, dass dein Handeln für alle Maxime für ihr Handeln sein könnte. Oder so ähnlich ging er doch, der kategorische Imperativ?
Das mag jetzt billig klingen aber mir hilft das sehr.
„Weil man das so tut“ hingegen reizt mich so lange zum exakt-das-tun, bis sich auflösen lässt, ob dahinter etwas durchdachtes mit Sinn steht oder katholische, dörfliche, verklemmte oder andere totschweig-Tabus
Ich glaube, gerade die „Totschweig“-Tabus sind es, die mich eher umtreiben als traditionelle Tabus, die sich vielleicht auch aus einem uralten Wertekanon speisen, der ja in vielen Kulturen ähnlich ist.
Aber der kategorische Imperativ ist für mich auch prägend. Ich denke da gern an meine Oma zurück, die es kindgerecht und situationsbezogen in „Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz“ übersetzte.
Oft ist die Trennlinie zwischen tradierten Tabus und Totschweigen ja arg unscharf – und ich finde immer, das muss so ein Tabu auch mal aushalten, das man es mal kurz hinterfragt oder prvoziert. Gute Tabus schaffen das schon.
Partner von Freundinnen sind Tabu (obwohl ich das auch schon einmal gebrochen habe, weil es so passiert ist). Aber nicht aus einem wie auch immer gearteten Eigentumgedanken heraus, sondern weil gute Freundschaften immer mehr wert sind als ein Partner.
Ansonsten ignoriere ich vermeintliche Tabus gerne mal. Ich mag diese gesellschaftlichen Konstrukte nicht, die nicht begründet werden können. Die MÜSSEN infrage gestellt werden. Das geht gar nicht anders.
Ja, genau dieses Tabu ist das meine, und ich war glücklicherweise bisher noch nie in Gefahr, es zu brechen. Es sei denn, ich kenne die Partnerin überhaupt nicht. Da halte ich mich lieber um meiner selbst Willen zurück denn um einen Tabubruch zu vermeiden.
Nur: was passiert, wenn Gefühle im Spiel sind und wie geht man mit dem Tabubruch um? Wie war das bei dir?
Männer, deren Partnerinnen ich nicht kenne, sind kein unbedingtes Tabu. Denn es gehören immer zwei dazu. Und wenn ich in eine Partnerschaft einbrechen kann, ist das nicht primär mein Problem, sondern das der Partnerschaft.
Für mich ist auch Fremdgehen kein Tabu. Ich bin einfach nicht davon überzeugt, dass der Mensch für eine lebenslange Monogamie konzipiert ist. Ein Ex von mir drohte mir immer wieder damit fremdzugehen. Da zuckte ich nur müde mit den Schultern. Es gibt immer Phasen in Partnerschaften, in denen man dem Konterpart nicht immer all das geben kann, was der sich wünscht bzw. braucht. Das muss mMn nicht unbedingt zu einer Trennung führen, wenn sich beide Partner einig und der Stärke ihrer Partnerschaft bewusst sind.
Der eine Partner einer Freundin war „nur“ eine Knutscherei. Ich befand mich in einem emotionalen Ausnahmezustand und war zudem alkoholisiert. Stolz bin ich da nicht drauf.
Du sollst nicht: „töten, stehlen, begehren eines anderen…. “ sollten selbstverständlich Tabu sein.
Wissens- & willentlich andere zu verletzten. Zb niemandem zu nahe treten, persönliche Grenzen respektieren & nicht anmaßend sein und jemanden (vorschnell) be- oder verurteilen & womöglich an einen „Pranger“ stellen, finde ich ebenso wichtig
Gerade mit den christlich postulierten Geboten und Tabus hadere ich, da geht es mir wie Christian. Zumal ich in meinem Tabu-Bereich nicht „du sollst nicht töten“ habe. Ich muss töten (lassen), um zu essen, wenn ich mich nicht komplett vegetarisch ernähren möchte. Und ich weiß, dass für mich die körperliche Unversehrtheit eines Menschen kein Tabu ist, wenn es um meine Verteidigung geht oder die anderer bedrohter Menschen. Ich bin in der Tat eher in der Lage, jemanden zu verprügeln, als etwas zu stehlen. Es beunruhigt mich ein wenig.
Verrückt, dass mir trotz intensivem Nachdenken kein Tabu einfällt.
Situativ geht das ganz schnell: Das? Niemals! Das ist tabu!
Meiner Meinung nach ein Zeichen dafür, dass diese Wertvorstellungen tief im Dunkeln verankert sind.
Situative Tabus kenne ich auch. Die Frage ist für mich aber da eher: ist es wirklich ein Tabu oder vielleicht Erziehung/Einordnung/Sozialisierung? Ein Beispiel: Im Hotel packt die Freundin seelenruhig kleine Marmeladen-, Nutella- oder Butterpäckchen vom Frühstückstisch in die Tasche, um später eine Brotzeit zaubern zu können. Für mich undenkbar, und es lässt mich jedes Mal fassungslos und beschämt zurück. Für sie völlig normal, denn „ich habe dafür bezahlt“.
Ach, das ist bei mir verquast. Wenn „was sollen nur die Leute denken“ gleichzeitig ein „das könnte konkrete Leute verletzen“ ist, dann halte ich es für Rücksicht und Empathie, das einzukalkulieren (unter anderem, weil Menschen so verschieden sind, dass die Maximen meines eigenen Handelns nicht für alle taugen). Und ich habe schon früh Skepsis gegenüber Menschen entwickelt, die Tabubrüche stolz vor sich her tragen – oder gar behaupten, sie sagten ja immer, was sie denken (waren meiner Erfahrung nach gerne die allerfalschesten Schlangen).
Tabus, derer ich mir bewusst bin: Anderer Leute Eigentum, konstruktive Absichten bis zum Beweis des Gegenteils.
Aber ich nehme an, dass es für mich noch eine Menge weiterer gibt – die mir erst bewusst werden, wenn ich an sie gerate.