Es ist viel geschrieben worden, viel vermutet, viel gesprochen und geschrieen zum Thema sexuelle Übergriffe an Silvester in Köln und anderswo. Der unsägliche Ansatz von Kölns Oberbürgermeisterin Reker, Frauen sollten doch bitte „eine Armlänge Abstand“ von Männern halten, hat in den sozialen Medien ein bitteres Echo hervorgerufen, voll Unverständnis ob dieses menschen- und weltfremden Ratschlags.
Wie, bitte, soll man in einer Menschenmenge eine Armlänge Abstand hinbekommen? Wie in einer eskalierenden Situation, egal wo und mit wie vielen Protagonisten, einer gewalttätigen und/oder sexuell übergriffigen Situation agieren? Abstand nehmen, Stopp sagen und den oder die potenziellen Täter zurückweisen, ist eine der schwersten Aufgaben und immer einzelfallbedingt. Wie schnell so etwas gehen kann, erlebte ich im Sommer 1996.
Mit 15 Jahren ist man sich seiner selbst entweder sehr sicher oder sehr unsicher. Mir war meine Wirkung auf das andere Geschlecht nicht ganz klar. Anerkannte Schönheiten der Schule hatten das deutlich besser drauf als ich, die eher unter der Rubrik „niedlich, aber auch spitzzüngig“ auf Distanz ging. Nur in den Ferien in Frankreich, weit weg von möglichen Schwätzereien und Lästereien des Schulhofs, da war ich mutiger. Zog kurze Röcke an, Fußballerwaden hin oder her. Tuschte die Wimpern mit blauer Mascara (und unterließ das nach dem dezenten Hinweis meiner französischen Ferienfreundin, ich sähe aus „wie eine schlechte Schlagersängerin“). Flirtete mit Jean-Sé, Laurent und fand mich insgesamt zwar nicht so attraktiv wie Vic aus La Boum, aber es gab meinem Ego doch den ein oder anderen Schub.
So sehr, dass ich mich an einem Abend in einer größeren, gemischten Gruppe französischer, niederländischer und deutscher Jugendlicher wiederfand und wild vor mich hin flirtete. Weiterlesen